Gismo, ist ein Cavalier King Charles Spaniel. Er ist vier Jahre alt, er lebt seit 2019 mit uns und mit unserem anderen Hund Richie zusammen. Dieser Sommer war aus unserer Sicht nicht wesentlich anders als sonst. Doch ab Juni begann er sich die linke Hinterpfote wund zu schlecken.
Das Schlecken führte zusätzlich zu völliger Eskalation, er drehte sich um sich selbst und fiepte herzzerreissend. Zuerst dachten wir, es wäre zu wenig sich mit ihm beschäftigen, doch schon nach einigen Tagen passierte es auch auf der Gassirunde. Gismo war bis dahin ein sehr interessiert hin und her laufender, schnüffelnd stöbernder Hund. Stattdessen begann er auf der Runde anzuhalten und exzessiv seinen Hinterfuß zu schlecken.
Ursachensuche fürs Wundlecken
Abtasten, bewegen, ihn davon abhalten, nichts schien zu passen.
Als es zu einer offenen Stelle wurde, gingen wir zum Tierarzt. In den kommenden Wochen wurde alles getestet und untersucht, eine körperliche Ursache war nicht zu finden.
Wir testeten alles was uns einfiel, von großem Kragen um ihn zu stoppen, über abduschen, kühlen, Verband, Socke bis hin zu zeitweise Maulkorb. Wir konnten völliges Überdrehen damit nach und nach reduzieren, aber nichts davon war mehr als eine kurze Unterbrechung.
Der Tierarzt schaute nach Milben und ähnlichem, er versuchte Antiallergika, Beruhigungsmittel. Er schabte Hautschuppen ab, schickte die ins Labor, er untersuchte und testete bis hin zum Röntgen der Pfote. Doch alle Termine über Wochen, brachten keine Erklärung, keine Lösung, es war keine körperliche Ursache zu finden, es gab keine echte Besserung.
Wir recherchierten mit allem, was Gismo an Anzeichen zeigte, und immer wieder gab es Hinweise, es müsste eine körperliche Ursache geben. Einfach so, hätte sich das Verhalten nicht geändert.
Manche Symptome, wenn er völlig eskalierte und sich versteckte, ließen befürchten, es könnte Syringomyelie sein, Zitat:
„Wenn Ihnen in nächster Zeit ein sich kratzender Cavalier vorgestellt wird, bei dem Sie keine Ektoparasiten und keine entzündeten Ohren diagnostizieren können, so könnte dies ein Fall für eine MRT-Untersuchung sein.“
englischer Tierarzt Geoff Skerritt
Diese neurologische Erkrankung ist nur mit einem MRT feststellbar und es gibt wenige Kliniken, die das anbieten.
Eine Züchterin die unterstützt
Im engen Kontakt mit Gismos Züchterin war klar, Gismos Eltern sind nach wie vor getestet gesund. Klar war jedoch auch, das ist leider keine Garantie, dass Gismo nicht trotzdem erkrankt sein könnte. Die Züchterin Stefanie war bei Fragen immer da und unterstützte mit Tipps, wie der Klinik in den Niederlanden.
Gismo reagiert schon immer etwas empfindlich auf alles an seinen Ohren, er ist sonst sehr dickhäutig und geduldig auch beim Bürsten, Abtasten oder ähnlichem. Gismo kratzte, wenn dann eher in der Luft, vor allem jedoch schleckte er. Es gab unterschiedliche Phasen, wenn es ganz schlimm war, konnte es sein, dass er die ganze Nacht nicht aufhörte und so dann niemand schlief, weil er durchdrehte. Ein Hund der fiepend, jammernd sich den Fuß schleckend, sich wild um sich selbst drehend auf dem Bett oder direkt daneben tobt, verhindert, jedwede Ruhe.
Auch Bitterspray, damit er wenigstens nicht wund schleckt hatte wenig Effekt. Der Tierarzt schickte Proben ein, das Labor bestätigte, da ist nichts.
Ende September die Pfote war wieder wundgeschleckt, wie so oft seit Juni. Stefanie hatte angeboten Gismo mit zum MRT zu nehmen, falls nötig. Im Gespräch mit dem Tierarzt erwähnte ich es. Beim Röntgen ohne Ergebnis meinte er dann. Es braucht das MRT, um zu klären was Sache ist. Er würde jedoch nach seiner Beobachtung abraten, Gismo nicht selbst zu begleiten, er habe eine enge Bindung zu mir, die helfen würde.
Die dierenkliniek „den heuvel“ in Best
Ich rief in der Tierklinik an um einen Termin zu vereinbaren. Mir ist es unangenehm, wenn ich am Telefon zuerst fragen muss, ob eine andere Sprache möglich ist. Doch es war sofort ein freundlicher Wechsel ins Englische möglich. Als ich auf Rückfrage erklärte, dass er Symptome hat und der heimische Tierarzt ihn überweist, war innerhalb gut einer Woche ein Termin möglich.
In solchen Fällen bin ich froh selbständig zu sein und nur selten feste Termine zu haben, so dass ich recht spontan solch eine Aktion einplanen kann. Ich schaute wegen der Anfahrt von über sieben Stunden plus Pausen direkt nach einem hundefreundlichen Hotel in der Nähe der Klinik in Best, damit es so ruhig und angenehm wie möglich wäre. Ich plante je einen An- und Abreisetag zusätzlich zum Untersuchungstag.
MRT von Gismo
Schon immer bin ich bei Tieren froh, dass die Ärzte dort viel offener und kommunikativer sind, als ich das aus früheren Zeiten und der Begleitung von Angehörigen kenne. Selbst hatte ich in den letzten Monaten einige MRT-Termine, auch diesbezüglich würde ich die Tierklinik vorziehen.
Gismo hatte bereits zweimal eine Vollnarkose, einmal wegen eines Milchzahns, der rausmusste und einmal zur Zahnsteinentfernung. Daher war ich beruhigt, dass er das an sich verträgt, wusste aber auch, dass es ihn ziemlich mitnahm.
In der Vorbereitung testete ich daher einen Korb, weil ich eine Option zu auf dem Arm haben wollte. Das klappte so gut, dass wir es seither als Ruhestelle immer mal wieder einsetzen.
Ergebnis des MRT
Die meisten untersuchten Punkte waren normal. Erwähnt wurde:
- Chiari-Malformation der Fossa caudalis (bei 99 % der Cavaliers vorhanden; klinische Bedeutung unklar).
- keine Syringomyelie im Halswirbelsäulenbereich.
- keine Hinweise auf HNP, CVA oder FCE im Halsbereich
- das rechte Mittelohr enthält eine Menge schleimiges Exsudat, Bild von PSOM
Diagnose:
- keine Syringomyelie, PSOM rechts
- keine Ursache für die klinischen Symptome gefunden.
Insgesamt war es mit, in und rundum die Klinik eine sehr gute Erfahrung. Gismo fährt glücklicherweise gern Auto und Richie blieb bei Roland.
Nuenen, die Niederlande
Das Hotel direkt an einem Park in Nuenen, gut 20 Minuten von der Tierklinik entfernt, war eine sehr gute Entscheidung. So waren es sehr kurze Wege damit Gismo raus konnte. Wenn er ganz schlecht drauf war und sofort nur die Pfote schleckte ohne Anstalten zu machen sich zu lösen, dann stoppte ich eben und versuchte es etwas später wieder.
Halb-zufällig hatte ich kurz vor der Fahrt entdeckt, dass ihn ein gepolsterter Korb beruhigt.
Das war sehr hilfreich, sonst hätte ich keine Chance gehabt mit ihm für Frühstück und Abendessen ins Restaurant zu gehen. Beide Mahlzeiten waren im Hotel möglich, das vereinfachte es so zu gestalten, dass es für Gismo und mich in Ordnung war.
Die meisten Niederländer mit denen wir Kontakt hatten, waren sehr freundlich und mit Englisch kam ich gut durch. Alles in den Niederlanden ist grün. Selbst die Autobahnstrecken waren grün. Nuenen, der Ort des Hotels hat eine Van-Gogh-Geschichte und viele sehr hübsche Ecken.
Ursachensuche geht weiter
In der Klinik sprach der behandelnde Arzt sogar deutsch. Das gesamte Personal war sehr freundlich, wir fühlten wir uns gut aufgehoben. Dabei bleiben zu können, während Gismo untersucht wurde, sogar mit Sicht aufs MRT war sehr hilfreich. Auf Rückfrage meinte der Arzt, das Ohr könne schon zusätzlich schmerzen, sei jedoch sicher nicht die Ursache fürs exzessive Pfote schlecken. Leider seien diese Ohrprobleme ebenfalls sehr häufig bei Cavalieren.
Der heimische Tierarzt prüfte die Ohren nochmal, sogar ich sah deutlich, dass die rechte Seite stark verengt ist. Er empfahl daher etwa wöchentlich vorsorglich Ohrputzmittel zu nutzen.
Darüber hinaus waren er und ich einig, es blieb jetzt also Verhaltenstherapie. Das Verhalten ignorieren, was er schon anfangs empfahl, half ab und zu, aber bei weitem nicht immer.
Keine körperliche Ursache
All diese angenehmen und teils sehr erleichternden Neuigkeiten änderten jedoch nichts am Problem. Gismo schleckte immer wieder die linke Hinterpfote. Er reagiert weiter extrem auf alles: Einer von uns geht oder kommt, das kommt ein- zweimal wöchentlich vor. Auf der Gassirunde ist irgendwo ein Hund. In der Ferne ist eine Straße, da fährt ein Auto. Richie bleibt stehen und Gismo muss warten, obwohl er gerade nichts zu tun hat. Juhu, es gibt Futter. Es kuschelt gerade niemand mit ihm. Mist, es passiert gerade nichts…
Wir verstärkten ihn zu motivieren in den Korb zu hüpfen oder setzten ihn manchmal auch direkt rein. Wenn grad mal niemand kuschelt, scheint es ihm zu helfen sich sicher zu fühlen.
Verhaltenstherapie für Gismo
Mit Hundetraining und Anfragen wegen Training hatten wir bislang eher schlechte Erfahrungen, daher konnte ich mir noch genau eine Verhaltenstherapeutin vorstellen. Ich nahm Kontakt zu Carolin per Mail auf, sie antwortete ausführlich, unter anderem:
- sie verwette ihr rechtes Bein auf eine körperliche Ursache bei Gismo
- dieses Jahr nähme sie auf keinen Fall mehr Neukunden
Ich antwortete erneut, erzählte ein bisschen von Labor, röntgen, MRT usw. und fragte, ob es eine Warteliste gäbe.
Wieder kam eine interessierte Antwort.
- sie nähme ihr Bein zurück
- Erstgespräch im November wäre möglich, da jemand abgesagt habe
Prima, das war schon mal eine Aussicht.
Ausprobieren, verändern, üben
Einiges haben wir selbst in den letzten Wochen verstärkt, was besser schien. Alles was nichts oder nicht viel bewirkte haben wir gestoppt.
Wir erkannten, wenn möglich sollten wir sein Verhalten früh stoppen, weil es sich sonst verselbständigt. Beispielsweise, führt seinen Fuß festhalten dazu, dass er die Hand schleckt, die ihn hält, da wird schon mal nichts wund.
Wenn wir beide an einem Ort sind, wechseln wir bewusst immer mal die Betreuung, das schont die Nerven. Da alles was nicht optimal ist, Gismos Verhalten verstärkt, wäre zusätzliche Ungeduld nicht hilfreich.
Vor wenigen Tagen gab es jetzt das sehr ausführliche Erstgespräch mit Carolin, der Verhaltenstherapeutin. Sie hatte einige Tipps und Ideen. Sie empfahl Übungen in die Gassirunden einzubauen, die quasi sicheres Jagdverhalten ermöglichen. Futtersuchen und möglichst einigen Freilauf, sollen Gismos Jagdbedürfnis befriedigen, ohne dass er direkt jagen geht. Spiele und Übungen sollen zusätzlich Struktur und Ruhe in die Gassirunden bringen. Wichtig wäre zusätzlich Ruheplätze zu schaffen und mit ihm zu üben. Wenn er zu wenig schlafe, verstärke sich, was schwierig sei. Das war uns klar, aber wir waren froh über weitere Möglichkeiten, was wir probieren können.
Besserung in Sicht
Gismos schlimmste Phasen waren im Juli und August. September und Oktober haben einige unsere Anpassungen bereits geholfen. Irgendwas machten wir wohl richtig, denn wirklich offen war die Stelle am Fuß zuletzt im September. Mit den neuen Ideen, haben wir begonnen und werden Schritt für Schritt immer mehr umsetzen. Manches scheint bereits nach wenigen Tagen zu wirken.
Manches, wie Futtersuchspiele auf der Runde wären einfacher, wenn es derzeit nicht ständig regnen würde, so dass alles voller Matschpfützen ist und ganze Wegteile zu kleinen Seen wurden. Aber gut, Verhaltensänderung braucht sowieso Zeit, Wetter ändert sich ja wieder.
Bei allem was schon besser ist, trotz der Erleichterung, dass es keine schlimme Erkrankung ist, es ist enorm anstrengend. Es sind jetzt schon einige Monate und es geht tatsächlich um alles im Alltag, Tag und Nacht. Gismo soll es gut gehen, er soll sich nicht wund lecken, so weit so klar. Doch ein Hund, der jedwedes aus-seiner-Sicht-Problem mit schlecken quittiert, das kostet Nerven. Daher sind wir beide sehr erleichtert, dass es richtig war Kontakt zu einer Verhaltenstherapeutin aufzunehmen, bei der schon vorab das Gefühl passte.
Die Richtung stimmt, aber es wird noch einige Zeit dauern, um es vollständig zu beheben.
Schreibe einen Kommentar