Ich bin nicht ausreichend durchschnittlich, wenn ich dem folge was in meinen Timelines so an Gründen stand. Die Piraten in Niedersachsen haben die Landtagswahl mit 2,1% klar verloren. Dafür mag es auch Gründe in Niedersachsen geben, aus meiner Sicht ist das, sicher nicht, das Hauptproblem. Bis dahin herrschte überwiegend Einigkeit, bei denen, die ich so las, heute abend.
Sehr gut gefielen mir persönlich einige Berichte der Medien:
- Hannah Beitzer Quittung für das Chaos auf sueddeutsche.de
- Manuel Bewarder Tschüss, Piratenpartei! So brauchen wir dich nicht auf welt.de
- Fabian Reinbold Debakel in Niedersachsen: Piraten erleiden Realitätsschock auf spiegel.de
Nein, keiner der Berichte lobt die Piratenpartei in den Himmel. Keiner der Autoren bedauert die armen Piraten, die ungerechtfertigerweise jetzt nicht locker in den Landtag einzogen. Ach?! Und: zurecht.
Nicht die Medien sind schuld, auch nicht irgendeine einzelne Person, keiner der Vorstände, nicht in Niedersachsen und auch nicht im Bund. Es ist das Gesamtbild was nicht stimmt.
Dominik Rzepka vom ZDF-Hauptstadtstudio fragte auf twitter nach den Gründen für die Niederlage. Aus meiner Sicht schrieb ich dazu:
- Piraten verlieren weil: Ständige interne Streits. #ltwnds #zdfwahl
- Gegenüber Medien & politischen Gegnern zu oft mit miserablem Stil, statt sachlicher Kritik. /cc @dominikrzepka #ltwnds#zdfwahl
Kritik ist nötig, schlechter Stil schädlich
Kritik an politischen Gegnern ist nötig und wichtig. Aber der Stil den leider sehr viele Piraten dabei nutzen, der ist schädlich. Kritik an den Medien muss zuweilen ebenfalls sein, wobei nicht alles was da kritisiert wird, sein müsste. Allerdings auch hier lese ich oft einen Stil, für den ich mich bestenfalls schäme.
Viele Piraten merken gar nicht, wie oft sie unsachlich Menschen angreifen, statt sachlich zu kritisieren. Das ist nicht gut gegenüber politischen Gegnern, auch dann nicht, wenn die es teils ebenfalls nicht besser machen. Es ist ganz schlecht gegenüber den Medien, denen man mit schlechtem Stil oft beweist, dass das was sie über Piraten schrieben, genau zutrifft. Und leider ist der schlechte Stil eben ganz normal, er ist also Mittel Nummer eins, wenn es um Kritik an Vorständen, Mandatsträgern, Kanddierenden und eigenen Kollegen geht. Sachlich? Höflich? Kritisieren was die Person sagte, schrieb, tat? Nein, nichts von alledem sondern möglichst draufhauen, beleidigen, herabwürdigen, die Person niedermachen.
Nein, es ist kein Wunder, dass viele, die uns inhaltlich sehr gewogen sind, sich nicht entschließen, Piraten zu wählen. Warum sollte irgendjemand eine Partei wählen, die es für legitim hält so mit Menschen umzugehen? Beteiligung und Mitbestimmung als wichtige Themen, aber nur solange sie dem entsprechen, was gerade gefällt. Wenn Wähler Angst haben müssen, bei nicht passender Meinung, einen Piratenmob gegen sich zu haben und das Ziel eines Shitstorms zu sein, dann vertrauen sie dieser Partei nicht.
Lesenswert sind auch andere Piraten, die sich heute abend schon äußerten.
- @vinzv Don’t panic!†– irgendwas zwischen Analyse und Ausblick
- vinzv stimme ich ziemlich vollständig zu, ob Themen die in einem Programm stehen so entscheidend sind, wage ich noch anzuzweifelen.
- .NEUSTART2013
- In Teilen hat tarzun sicherlich Recht, die Ideen aus 2009 sind verstaubt, 2013 braucht Neues. Die Bundestagswahl 2009 mit Landtagswahlen in Hamburg und Baden-Württemberg mal eben in einen Topf werfen und als „immer 2%“ abhaken, passt für mich nicht, sonst könnte man auch heute schlicht sagen, naja, eben die 2%. Ich glaube auch nicht dran, dass das Nutzen von Tool XY ernstzunehmend etwas an irgendeinem Wahlergebnis ändert. Ganz sicher hat er jedoch Recht, wenn er den Mut einfordert auch mal was zu wagen und nicht solange glattzubügeln, bis nichts mehr davon übrig ist.
- Gegen den gewohnten Schmerz
- Wahrscheinlich haben wir schon auch Piraten, die unterbewusst Angst vorm Erfolg haben. Als Hauptgrund für die jetzige Situation und dieses Wahlergebnis sehe ich es jedoch nicht.
Und jetzt?
Leider waren die selbstkritischen Ansätze und die Erkenntnis, dass „wir“ was falsch gemacht haben, heute abend bei denen, die ich las nicht die Mehrheit. Viele Piraten schrieben was von „ihr müsst“, „versteht ihr jetzt“, „wenn ihr“… So funktioniert das nicht. Veränderung fängt immer bei einem selbst an. Auf twitter selbstgerecht auf alles hinweisen, was „die“, „ihr“ und „X“ falsch machen, hilft nicht.
Nein, ich glaube nicht, dass dieser eine Blogbeitrag sehr viel hilfreicher ist. Aber ich glaube, dass ich mich überwiegend gut im Griff habe und es meist schaffe, niemand persönlich anzugreifen. Es ist ja auch nicht mein erster Beitrag zum Thema Umgang, da gab es ja auch schon andere.Zusammengefasst: ich versuche meinen kleinen Teil zu optimieren, das kann ich tun, da habe ich alle Eingriffsmöglichkeiten. Wenn wir das alle jede und jeder für sich tun würden, könnten wir weit kommen…
4 Antworten zu “Warum nur 2,1% für die Piraten…”
Sehr gut geschrieben und ich teile Deine Analyse.
Leider sind die Piraten viel zu sehr mit sich selbst und mit der Denunziation politisch anders Denkender beschäftigt als konstruktiv an Politik zu arbeiten.
Wie überall gilt auch hier, dass es keine technische Lösung für ein untechnisches Problem gibt.
Ich bin mittlerweile auch aus der Piratenpartei wieder ausgetreten und warte seit dem auf eine steuerlich abzugsfähige Rechnung der ausstehenden Mitgliedsbeiträge.
Danke Dirk.
Ja, die Suche nach einer technischen Lösung ist hier wenig hilfreich…
Warten auf Rückmeldung ist ein weiteres Problem.
Bei der Mitgliederverwaltung lief anfangs sehr vieles schief, jede Gliederung nutzte irgendwas, von Excellisten, über kleine Skripts, bis hin zu selbst geschriebener Software, Irgendwann kam dann passende Software.
Einführung einer solchen Software geht ja nie einfach und schnell, aber da hakte noch mehr, also sowieso üblich. Unzähliges blieb liegen und dann kam die Berlinwahl und ein weiterer immenser Mitgliederschub. Die Software war noch immer nicht wie sie sein sollte, es brauchte Nacharbeiten und die übergreifende Einführung bis in alle Untergliederungen verzögerte sich erneut.
In Baden-Württemberg hätten wir den Landesparteitag im Frühjahr 2012 nicht durchführen können, wenn wir nicht eine Alternative gehabt hätten, die jedoch eher zufällig möglich war.
So ganz allmählich ist ein Arbeitsstand erreicht und so langsam könnte sinnvoll gearbeitet werden. Das zog sich jedoch im Grunde seit 2009.
Für einzelne Mitglieder kam jetzt über Jahre immer wieder an, dass die Kommunikation mit der Partei nicht klappt. Irgendwann ist es egal wie gut begründet die Ursachen sein mögen, die Mitglieder sind nur noch genervt…
Es fehlt einfach die klare Linie bei den Piraten, denke ich. Gute Analyse hier, da stimme ich Dirk zu. Schön, mal solche Einblicke zu bekommen. Danke
[…] ich deshalb ja schon mehrfach was geschrieben: Gründe die für und gegen Kandidaturen sprechen…, Warum nur 2,1% für die Piraten…, …nicht nur Basispiraten sind Menschen!, […]