Je nachdem wie aktiv Menschen gerade auch öffentlich sind, werden sie leichter zur Zielscheibe von Angriffen. Wer sich einige Zeit im Umfeld Politik bewegt, hat davon sicher zumindest mal gelesen oder gehört.
tl;dr Erklären worum es bei Hassmails und ähnlichen Angriffen im Internet geht, mit dem Ziel einerseits Angegriffenen Möglichkeiten aufzzueigen, sowie andererseits aufmerksam zu machen, was da passiert. Ich möchte meine Erfahrungen zum Selbstschutz weiter geben.
Ich kenne massive Angriffe per Mail und auch auf anderen Kanälen im Netz, ich habe jedoch mit der Zeit auch einiges gelernt. Ziemlich massiv wurden Angriffe bei mir, als Maskulisten meinten, ich sei eine gute Zielscheibe. (Siehe dazu die Beiträge in der Suche.)
Diesen Artikel habe ich vor langer Zeit mal angefangen, immer mal wieder dran getippt und ihn dann immer wieder doch noch nicht fertig gestellt. Es ist nicht gerade ein angenehmes Thema und ich rechne damit, dass es nach dem Veröffentlichen wieder einige Angriffe geben wird. Mir ist jedoch wichtig, nicht denen das Feld zu überlassen, die laut, beleidigend und drohend versuchten, mich ruhig zu stellen. (Die Bilder sind anonymisierte Screenshots einiger Mails im Zusammenhang mit Remailern und Polizei.)
Hassmails
Gerade im teils anonymen Umfeld Internet, gibt es viele, die keinerlei Grenzen kennen, wenn es darum geht andere zu beleidigen. Die Gründe, wie jemand ins Blickfeld solcher Leute gerät, sind vielfältig. Vermeintliche extreme Themen sind dafür oft gar nicht nötig, jedwedes Thema welches polarisiert, kann zu einen Ansturm von Hassmails führen. Das Ziel ist häufig vermeintliche Gegner mundtot zu machen.
Reaktionen anderer zu Hassmails
Als ich erstmals Hassmails bekam und davon erzählte, bekam ich Tipps wie: „Verhalte dich in der Öffentlichkeit ruhig, dann hört es bald auf.“ „Lies sie einfach nicht.“ „Erstatte Anzeige.“ „Lösch sie ungelesen.“
Hassmails an Frauen
Männer werden meist auf Grund vermeintlicher Merkmale beleidigt und bedroht. Beliebt um zu beleidigen sind beispielsweise Herkunft, Religionszugehörigkeit, sexuelle Orientierung, einfach alles was anders ist und für zusätzliche unsachliche Beleidigungen und Drohungen in Frage kommt. Frauen bekommen meistens andere Mails als Männer, wenn sie sich Feinde geschaffen haben. Bei Frauen fehlt fast nie die extrem sexistische Beleidigung, verstärkt sich wenn Frauen zu Themen wie Gender oder Feminismus äußern.
Hassmails nicht lesen
Die meisten Hassmails, die ich bekam, waren gar nicht so lang und ausführlich, dass sich die Frage stellte sie nicht zu lesen. Manchmal war die Betreffzeile leer, oft jedoch war es die erste Beleidigung. meist eindeutig und es folgten dann meist nur ein, zwei Sätze.
Ich habe lange überlegt, ob ich ein Beispiel anführen will, aber ich habe mich dagegen entschieden. Ich will auf meinem Blog keine widerliche Fäkalsprache inklusive Morddrohung durch sexualisierte Gewalt im Zusammenhang mit meinem Namen stehen haben. Mit meinem Namen wäre es deshalb, weil oft schon im Betreff mein Name inklusive einer Fäkalbeleidigung stand.
Wie solche Angriffe auch als Kommentare zu Blogbeiträgen aussehen können, zeigt die Seite hatr.org.
Hassmails ungelesen löschen
Manche Mail hätte ich anhand des Betreffs aussortieren und löschen können. Bei einigen jedoch stand schon dort die Drohung, bei denen mit leerem Betreff stand oft nur ein Satz Bis ich eine solche Mail erkennen konnte, hatte ich die entscheidende Drohung meist sowieso schon vollständig gelesen.
Hassmails bei der Polizei anzeigen
Irgendwann habe ich jede weitere Hassmail, die noch durchkam an die Polizei weitergeleitet. Um das tun zu können, musste ich ja wieder die Mail erkennen und hatte sie damit eben meistens auch bereits vollständig gelesen. Die erste Anzeige stellte ich über ein Onlineformular. Daraufhin meldete sich die Abteilung Staatsschutz der Polizei vor Ort bei mir. Bei einem Termin dort wurde ich nach Vermutungen gefragt wer der Absender sein könnte.
Unschuldsvermutung vs Täter finden
Hoffen geht immer aber realistisch ist es nicht, zu glauben die Polizei löse das Problem von Bedrohungen und Beleidigungen.
Drohungen und Beleidigungen sind fast immer anonym.
Bestenfalls gibt es irgendeinen Hinweis wenn z.B. eine feste IP genutzt wurde auf die nur wenige Zugriff haben.
Häufiger werden anonyme Mails über einen Remailer verschickt, dann fehlt jeder Beweis.
Wenn es Briefpost ist könnten Spuren auf Täter hinweisen.
Angenommen es gibt einen Verdacht gegen eine Person, so gilt jedoch die Unschuldsvermutung.
Wir sind uns wohl einig, dass das ein wichtiges Prinzip ist, welches genau so bleiben muss.
In Fällen von Bedrohung oder Beleidigung heißt das jedoch, ein Verdacht genügt nicht, um zu prüfen. Wird eine Person genannt, so prüft die Polizei ob gegen diese Person Einschlägiges vorliegt, ob also die Akten zeigen dass da bereits etwas war. Ist das nicht der Fall so wird nicht weiter ermittelt.
Die Polizei weiß schließlich nicht, ob die anzeigende Person jemand verleumden will, sie muss sich also an die Unschuldsvermutung halten.
Sollte ein Fall so weit sein, dass die Person sicher ist, dass beweisbar ist, dass Drohung oder Beleidigung von genau dieser Person kommen, selbst dann ist nicht klar, ob im politischen Umfeld einer Tat ein Verfahren nicht einfach eingestellt wird. Ein Richter entscheidet ob oder ob nicht. Vieles was im allgemeinen verfolgt würde, ist aus Sicht eines Richters noch im Rahmen des üblichen raueren Umgangs in einem politischen Umfeld.
Disclaimer: Ich bin keine Juristin, das ist eine Zusammenfassung aus persönlichen Erfahrungen und die ich unter anderem als Landesvorstandsmitglied mit Drohungen und Beleidigungen gemacht habe.
Lösungen
Je nach Kanal gibt es verschiedene Arten des Umgangs. Für mich sind Drohungen und sexualisierte Beleidigungen weit entfernt von Meinungsfreiheit, deshalb habe ich mich darum gekümmert, dass das aufhört.
Blogs
Zeitenweise habe ich hier im Blog nur Kommentare freigegeben, die ich gelesen hatte. Derzeit klappt es ganz gut, dass der erste Kommentar moderiert werden muss, spätere Kommentare werden dann automatisch freigegeben. Wem wichtig ist, den Kommentar öffentlich zu machen, kann das schon erwähnte hatr.org nutzen, sonst eben möglichst löschen, bevor man alles gelesen hat.
Bei den ersten Angriffen war nicht mein Blog betroffen, sondern andere Kanäle. Ich habe mein Blog dann genutzt um meine Sicht klar zu stellen. Daraufhin kam deutlich mehr an positiven Reaktionen und die Hassangriffe wurden weniger. Der Tipp mit „verhalte dich ruhig“, klappt nach meiner Erfahrung nicht.
Twitter, Facebook & Co
Beide Dienste bieten Einstellungen wie Personen blocken, eigene Beiträge nur Freunden zeigen und ähnliches. Zusätzlich eignet sich für Angriffe das Melden eines entsprechenden Kommentars.
Hilfreich fand ich bei öffentlichen Angriffen, wenn andere sich einmischten. Mir half es, weil es sich nach Unterstützung anfühlte und oft wurden damit auch die Angriffe weniger. Die anonymen Hasstypen suchen Opfer, möglichst einfach zu bedrohende Menschen. Wenn es da nicht mehr nur ein – möglichst hilfloses – Opfer gibt, sondern wenn da noch andere sind, dann bleiben sie nicht lange. Sie suchen sich jemand bei dem sie einfacher ihre Macht ausspielen können.
E-Mails
Ich wusste, dass es anonyme Remailer gibt, bevor ich die ersten Hassmails bekam. Bis dahin hatte ich mich jedoch nie näher damit befasst. Diese Remailer-Anbieter wollen nicht, dass Drohmails über ihren Dienst verschickt werden, meist kann man daher zunächst einzeln sperren:
- E-Mail an den Remailer schreiben, von der Adresse aus, die gesperrt werden soll
- als Betreff DESTINATION-BLOCK
- damit wird genau diese Adresse bei genau diesem Anbieter für weitere Zustellungen gesperrt
Klar, die hartnäckigen Typen nutzen mehrere Dienste. Dafür war das googlen nach einer Liste von Remailern hilfreich. Viele Anbieter haben eine abuse@-Adresse mit einer E-Mail, dorthin ließen sich auch direkt mehrere Adressen auf einmal sperren.
Diese Maßnahmen verhindern nicht, dass weiter jemand Hassmails schreibt, aber sie verhindern, dass ich sie bekomme. Es war ein tolles Gefühl, als ich irgendwann mal bewusst nach einigen Wochen merkte, dass es geklappt hatte, dass ich meinen Posteingang ohne Bedenken öffnen konnte.
Anzeige erstatten
Wie gesagt, ich habe irgendwann Anzeige erstattet. Das hätte ich schon viel früher tun sollen. Es konnte nicht ermittelt wer es war, aber ab diesem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, wieder das Heft in der Hand zu halten. Ich habe mich gewehrt, das half mir.
Unterm Strich
Es gibt keine Garantie, dass nie mehr etwas passiert. Aber es gibt einige Möglichkeiten etwas zu tun. Ganz wichtig ist raus zu kommen aus der Opferrolle, aus dem Gefühl nichts tun zu können und hilflos ausgeliefert zu sein. Ich wünsche mir, dass dieser Beitrag anderen helfen kann, sich selbst zu schützen.
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