- Podiumsdiskussion Bürgerentscheid Konzerthaus
- OB Frank Herr Edeka Redakteur Rau Gabriele Weber Günter Schäfer
- Konstanz pfeift drauf
- Schlussrunde der Podiumsdiskussion
Der Südkurier veranstaltete wie meist vor kommunalen Wahlen gestern eine Podiumsdiskussion mit den Beteiligten. Moderator der Diskussion war Jörg-Peter Rau, Chef der Lokalredaktion des Südkurier. Rau hatte sich bereits im Vorfeld deutlich als Befürworter geäußert. Zu Beginn des Wahlkampfs gab es im Südkurier zunächst ausschließlich befürwortende Berichte zum Konzerthaus. Als in den Kommentaren die unabhängige Berichterstattung der Zeitung gefordert wurde, änderte sich das langsam und inzwischen ist das Verhältnis der Berichte über Gegner und Befürworter des Standorts Klein-Venedig ausgeglichen.
Südkurier ist Befürworter
Leider trifft das nicht auf den Bericht von Michael Lünstroth im Südkurier, über die Veranstaltung gestern abend zu. Das ist schade, denn während der Diskussion stellte Rau spitze Fragen an beide Parteien und bemühte sich um eine faire Berichterstattung.
Auf dem Podium waren Oberbürgermeister Horst Frank der das Projekt initiiert hat und befürwortet, Jürgen Baur dem einige Edeka-Filialen gehören und der Chef der Befürworterinitiative Bürger für Konstanz ist, die mit dem Slogan Konstanz gibt den Ton an, seit Wochen durch unzählige Plakate auffällt.
Für die Gegner des Standorts waren Gabriele Weber und Günter Schäfer von der Initiative Nein zu Klein-Venedig beteiligt. Gabriele Weber war bereits 2003 Mitinitiatorin der Initiative die gegen diesen Standort.
Jörg-Peter Rau eröffnete die Diskussion mit der Bitte um Sachlichkeit zu dieser auch im Vorfeld schon emotional geführten Debatte. Ich war verwundert wie gut besucht die Diskussion war, obwohl der Südkurier erst am Tag zuvor mit einem kleinen Artikel für die Veranstaltung geworben hatte.
Zur Einstiegsfrage von Rau antwortete der OB damit, dass er sich sicher sei, dass die Stadt nicht in finanzielle Schwierigkeiten kommen wird, wenn sie das Konzerthaus baut. Insgesamt ging es zeitweise recht intensiv um Zahlen, welche Million wo gebraucht wird und wo eben nicht.
Horst Frank wies mehrfach darauf hin, dass das Konzept ja mit Hotel geplant ist, so dass diese Kosten fürs KKH nicht auf die Stadt zukommen. Die nötige Unterführung würde ja teils von Bahn und Land bezahlt, so dass auch da nur ein Drittel auf die Stadt zukommt. Für alles andere gäbe es ja den Festpreis des Projekts, so dass nicht mit höheren Kosten zu rechnen sei. Für mich blieb auch gestern die Frage offen, wie die Bezuschussung die das Konzerthaus sicher ebenso wie in allen anderen Städten brauchen wird dabei berücksichtigt ist. Denn über konkrete Preise für Saalmieten könne man ja noch nicht reden.
Von der Jugendinitiave gegen das Konzerthaus auf Klein-Venedig Konstanz pfeift drauf war kein Vertreter geladen. Sie machten auf sich aufmerksam als sie passend zu einer befürwortenden Aussage pfeifend mit großem Banner auf’s Podium gingen. Entsetzt und schockiert war Moderator Rau und verwies sie mehrfach der Bühne. Gelassener sah das Jürgen Baur, Edekabetreiber, der meinte man solle ihnen einen Moment Raum lassen, soviel Engagement verdiene das, wenn er solche engagierte Mitarbeiter hätte, wäre er froh. Kurz war also das Banner zu sehen und das Pfeifen zu hören, ich meine so viel direkte Demokratie muss bei solch einer Veranstaltung möglich sein.
Singen als leuchtendes Beispiel
Herr Baur berichtet vom leuchtenden Beispiel der Halle in Singen, die so erfolgreich sei. Wobei er nichts erwähnte von der Zuschusshöhe ganz allgemein und den Zuschüssen die Vereine von der Stadt Singen zusätzlich bekommen, wenn sie die Halle nutzen wollen. Der Oberbürgermeister erzählte vom tollen Erfolg eines solchen Projekts in Lübeck, nun dazu konnte sonst niemand etwas sagen… ;)
Das Haus für alle sei ja auch damit gesichert, dass 10 (in Worten zehn) Veranstaltungen jährlich für Vereine dieser Stadt günstiger angeboten werden. Was günstiger bedeutet wisse man natürlich noch nicht. Die Stadt hat mehrere hundert verschiedene Vereine aus allen Lebensbereichen, zehn Veranstaltungen jährlich sind dafür eher lächerlich. Irgendwo las ich dazu: „Mit diesem Angebot kann sich jeder Verein zum 100. Geburtstag einmal das Konzerthaus leisten„…
Philharmonie
Die Philharmonie war ein großes Thema gestern. Manche Gegner fragen sich, wie sicher die Arbeitsplätze der Philharmonie sind, falls das Konzerthaus doch nicht so gut in den Etat passt wie geplant. Die Befürworter argumentieren, dass Konzil so ungeeignet sei und alle Gegner dieses Standorts der Philharmonie keinen vernünftigen Raum gönnen würden. Unter anderem kam der Satz:
„Seit 1932 ist die Philharmonie in Konstanz schon immer im Konzil, wenn sie jetzt nicht dieses Konzerthaus bekommt ist sie weg.“
Da bin ich dann doch irritiert, zur Zeit wird das Konzil gerade für rund 10 Millionen umgebaut um fürs Jubiläum 2014 gerüstet zu sein. Einer großen Zahl der Gegner des Projekts geht es keineswegs darum, dass es kein Konzerthaus geben soll. Nun, und wenn die Philharmonie seit fast achzig Jahren mit dieser Stadt zurecht kam, warum sollte sie dann genau jetzt nicht mehr für Veranstaltungen zur Verfügung stehen?
Der Bahnhofsplatz soll Begegnungsplatz werden, die Laube wird schon vorab zumindest nachts 30-er Zone und es kommt ein Parkhaus hinzu, das sei das Konzept mit dem es kein Verkehrsproblem gäbe. Nun, auch wenn die Straßen verschiedene Namen tragen, im Grunde gibt es eine Straße die rund um die Stadt führt. Von Rheinbrücke aus geht es über Rheinsteig, die Laube, Bodanstraße, Bahnhofplatz und dann Konzilstraße wieder zurück auf die Brücke. Alle weiteren Zufahrten liegen auf schweizer Gebiet und haben somit eine Grenze mit Zoll. Diese eine Straße durch die Stadt ist jetzt gerade in Höhe des Lago an der Ecke Bodanstraße-Bahnhofsplatz schon heute stark überlastet und der Verkehr staut sich. Mehr Besucher sollen durch Veranstaltungen und das Hotel angelockt werden, aber diese zusätzlichen Zahlen seien kein Problem, im Gegenteil das Verkehrsaufkommen würde entspannt. Sorry, ich verstehe nicht, wie mehr Fahrzeuge weniger Verkehr ergeben sollen, wenn es weiterhin um ein und dieselbe Straße und Zufahrt geht.
Benzinautos sterben aus
Doch laut Herrn Baur muss sich niemand Sorgen um Feinstaub und ähnliches machen, denn die Benzinautos werden bald aussterben und mit den Hybridautos gibt es dann kein Problem mehr... Klar, ab morgen oder übermorgen oder wann?! haben wir nur noch umweltfreundliche Autos, die keinen Dreck machen…
Nach der Podiumsrunde kam es dann zu den Fragen auch aus dem Publikum.
„Ein qualifiziertes Gutachten von vor acht Jahren sprach sich klar gegen Klein-Venedig als Standort für ein Konzerthaus aus, warum wurde dieses Gutachten nicht öffentlich gemacht?“
„Wenn sich doch im Bürgerentscheid 2003 gegen diesen Standort aussprach, warum nahm man die Bürger nicht wenigstens mit beim weiteren Verlauf und suchte auch nach Alternativen, statt ihnen nun ein beschlossenes Konzept auf dem wieder gleichen Standort vorzulegen?“
Moderator Rau antwortet mit Befürworternargumenten, woraufhin aus dem Publikum der Hinweis kommt, er möge sich auf die Moderation beschränken und die Antworten denen überlassen, die gefragt wurden.
Mangelnde Transparenz und bindendes Quorum
Der OB wehrt sich gegen Hinweise auf fehlende Transparenz, denn die Sitzungen im Gemeinderat waren ja alle öffentlich, die Bürger hätten ja hingehen können. Er räumt ein, dass er von der Entwicklung mehr mitbekommen habe. Doch die Stadt selbst habe ja jetzt den erneuten Bürgerentscheid initiiert.
Klaus Frank, Mitglied des Gemeinderats wirft der Stadt Konstanz ebenfalls fehlende Offenheit und mangelnde Transparenz vor, sowie die Bürger nicht eingebunden zu haben. Er fragt:
„Was passiert, falls das Quorum wieder nicht erfüllt wird?“
Oberbürgermeister Frank zitiert den passenden Abschnitt der Gemeindeordnung und sagt:
„Wenn das Quorum nicht erreicht wird, dann geht die Entscheidung zurück an den Gemeinderat so sei nun mal die Rechtslage unserer repräsentativen Demokratie.“
Auch auf Rückfrage ob das auch gelte, falls wieder die Mehrheit der Bürger gegen den Standort stimme, bleibt er dabei. Die Mehrheit sei nicht entscheidend sondern nur das Quorum, er handele somit rechtmäßig.
Puh! Klar, so kann man es auch sehen. Aus meiner Sicht ist es falsch eine Mehrheitsstimmung zu ignorieren nur weil nicht eine Mindestanzahl an Wählern zustande kam. Da hoffe ich, dass bald Piraten in solche Gremien kommen, die die wenigen unterstützen, die schon jetzt gegen solche Entscheidungen an den Bürgern vorbei sind.
Horst Frank meint auch noch:
„In vielen Städten waren die Bürger erst gegen ein solches Projekt und seien heute froh um ein solches Haus.“
Nun, es war in dieser Stadt auch eine Mehrheit, aber unterhalb des Quorums gegen den Katamaran, da ist heute keiner froh drum, es hat sich als das Zuschussprojekt erwiesen, was kritisiert wurde…
Dirigent der Philharmonie und andere Befürworter
Bekanntermaßen ist der Dirigent Vassilis Christopoulos der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz ein Befürworter nicht nur des Konzerthauses selbst, sondern auch des Standorts. Er meldet sich zu Wort und sagt zu Günter Schäfer, Sprecher der Initiative gegen Klein-Venedig:
„Sie sind ja nur dagegen, weil Sie kein Interesse an der Philharmonie haben und wahrscheinlich noch nie in einem Konzert waren.“
Während mir noch die Spucke wegblieb wegen dieses Angriffs unter die Gürtellinie brandet im Saal Beifall auf, der zeigt wieviele Befürworter nicht nur anwesend sind, sondern auch durchaus der Meinung, alle Gegner seien Kulturbanausen. Ähnlich sieht das ja auch Wolfgang Müller-Fehrenbach, Stadtrat der CDU er schreibt auf der Webseite der Befürworter unter anderem:
(…) Die Konstanzer sollen sich nicht von Menschen, denen Arbeitsplätze, Wirtschaftskraft und Steuereinnahmen gleichgültig sind, irre machen lassen. Wenn man solche demagogisch agierenden Kreise näher betrachtet, leben diese Personen sicher und häufig von der öffentlichen Hand. (…)
Auch haben die Befürworter haben eine Unterseite, die Märchen und Fakten heißt. Die Gegenargumente sind Märchen, die eigenen Fakten.
Eine weitere Befürworterin äußert sich ähnlich:
„Sie und all diese Neinsager interessieren sich nicht für die Stadtentwicklung und verstehen eben nicht, dass die Philharmonie im Konzil unwürdig untergebracht ist.“
Ein weiterer Befürworter fragt Günter Schäfer:
„Wollen Sie auch Bregenz schließen, die deutlich mehr und größere Konzerte veranstalten als hier geplant ist ohne ein Verkehrschaos zu haben. Wenn es dort geht, wie können Sie glauben, dass es hier ein Problem gibt.“
Ganz am Schluss ruft der OB noch dazu auf auf jeden Fall wählen zu gehen, damit das Quorum eine klare Rechtslage schaffe. Dem kann ich mich dann auch mal anschließen, im Gegensatz zu den meisten seiner Äußerungen. Denn nur wenn die rund 15.000 Stimmen für eine der beiden Seiten erreicht werden ist das Quorum erfüllt und bindend.
Südkurier hört nur Zwischenrufe der Gegner
Bei einer ganz anderen Veranstaltung scheint Redakteur Lünstroth gewesen zu sein, er schreibt:
(…) „Mit der Harmonie war es aber bald vorbei, weil besonders Günther Schäfer, Sprecher der Initiative ‚Nein zu Klein-Venedig‘ das Projekt und den OB scharf kritisierte. Katastrophale Verkehrsplanung, das Kongressgeschäft ein absterbender Ast, das gesamte Projekt werde die Stadt in den Ruin treiben, argumentierte der ehemalige Landtagsabgeordnete.“
Nun, ich habe durchaus auch die Kritiken der Befürworter gehört.
(…) „Die Stimmung im Saal begann allmählich heißer zu werden und das lag vor allem auch an den beständigen Zwischenrufen aus dem Gegnerlager, sobald Horst Frank oder Jürgen Norbert Baur, Chef der Unterstützergruppe ‚Bürger für Konstanz‘ das Wort erhoben.“
Bei der Veranstaltung bei der ich gestern war, gab es ebenso beständige Zwischenrufe der Befürworter, sobald die Standortgegner sich äußerten. Diese wurden als die Neinsager, die es sich einfach machen und gegen alles seien abgetan.
Tatsächlich brachten diese Zwischenrufe die Debatte nicht weiter und offenbarten vor allem eines: Es sind in erster Linie die Gegner, die die Debatte zu emotionalisieren versuchten.
Von Kulturbanausen über desinteressiert an Arbeitsplätzen, bis hin zum immer wieder neu gesagten Neinsager gab es unzählige Zwischenrufe. Schon zu Beginn der Veranstaltung kamen einige Befürworter mit Bauhelmen herein. Das Konzilpersonal trug schwarze T-Shirts mit goldenen Prohinweisen. Warum das nicht emotional sein soll, verstehe ich nicht.
„Brennende Themen des Abends waren die Finanzierung des Projekts und die Frage des Standorts, das zeigte auch die Fragerunde aus dem Publikum.“
Nun, das liegt möglicherweise daran, dass die Mehrheit der Neinsager nicht gegen ein Konzerthaus ist, sondern nur die Frage des Bürgerentscheids verneint:
„Sind Sie für den Bau des Konzert- und Kongresshauses auf Klein-Venedig?“
Für mich wurde das auch im Schlusssatz Günter Schäfers nochmal deutlich, der den zu beenden Satzteil: „Nach dem Bürgerentscheid…“ mit dem Zusatz:
„…werde ich mit OB Frank über einen guten Standort sprechen.“ beantwortete.
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