Wie geht moderne Demokratie? ::: Unterschiede Piratenpartei und SPD


  • Ute : Umfrage auszählenAuszählung der Piratenumfrage

Gestern abend fragte sich die SPD in Konstanz: „Wie geht moderne Demokratie?“ Die Kandidatin der SPD für die Landtagswahl 2011 in Baden-Württemberg, Zahide Sarikas, hatte zu der Veranstaltung eingeladen. Vorab hatte ich mich im Web informiert, was die SPD über das Thema so schreibt, unter anderem auf ihrer Seite Warum SPD?

SPD und Piratenpartei

Wir, die Piratenpartei Baden-Württemberg haben bei unserem Landesparteitag in Tübingen im April 2010 Punkte wie Mehr Bürgerbeteiligung – weniger Hürden bei Volksbegehren ins Wahlprogramm aufgenommen. Auf der SPD-Seite fand ich teils fast wörtlich identische Inhalte, die Seite existiert jedoch in dieser Form erst seit wenigen Wochen.

Bei unserem Landesparteitag in Konstanz hatten wir Besucher der SPD, so wie wir an deren Veranstaltung mit Franziska Heine teilnahmen. Zu bundesweiten Themen war es ja schon häufiger so, dass die etablierten Parteien Themen aufnahmen, die zunächst die Piraten angeregt hatten, so direkt auf Landesebene fiel es mir heute im Zusammenhang mit der SPD erstmals auf. Umso gespannter war ich auf den Abend.

Arbeitsgruppen zu Direkter Demokratie

In der Ankündigung stand: „Die Veranstaltung nutzt die Form des World-Cafés, die es den Besuchern ermöglicht, in kleinen Arbeitsgruppen an Tischen mit den Fachleuten zu diskutieren.“. Das klang nicht Vortrag. Leider klappte das nicht ganz so, wie ich es erhofft hatte, denn nach einer kurzen Begrüßung begann der Abend doch mit den Monologen der Referenten. Teils inhaltlich interessant, aber eben nicht im Kontakt mit den Teilnehmern. Erst nach fast einer Stunde kam es dann zu den drei Arbeitsgruppen.

In lockerer Atmosphäre war es sehr einfach möglich sich wechselnd in allen drei Arbeitsgruppen einzubringen. Die Gruppe um den SPD-Landtagsabgeordneten Tobias Brenner, versuchte ich mehrfach, doch mir gelang es nicht Momente mit Dialogen zu finden. In dieser Gruppe war es eher „Bürger fragen, der Abgeordnete antwortet und erläutert“. In der Gruppe mit Bernd Sonneck, die sich am Beispiel des Bürgerentscheids zum KKH in Konstanz dem Thema näherte, gab es deutlich mehr Austausch mit den Teilnehmern. Da ich jedoch sehr aktiv in der Initiative zum KKH war, wollte ich mich dieses Mal eher mit anderen Ansätzen befassen. Überwiegend beteiligte ich mich in der Gruppe zur Direkten Demokratie mit dem Referenten Matthias Fatke (Lehrstuhl für vergleichende Politikwissenschaften der Uni Konstanz).

  • Ute Hauth und Zahide Sarikas bei der Veranstaltung Direkte Demokratie Ute Hauth und Zahide Sarikas Bild: wak

Das Thema Direkte Demokratie, im Dialog mit einem Wissenschaftler mit exzellentem theoretischem Hintergrundwissen, war für mich, der mit Abstand interessanteste Teil der Veranstaltung. Seine Fakten bestätigten, was wir als Piratenpartei in diesem Themengebiet fordern und für wichtig halten. Der ein oder andere Fachbegriff war mir neu, die Inhalte jedoch beruhigend bekanntes und sicheres Terrain.

Wahlprogramme entstehen

In der Schlussrunde fragte ich nach, wie die SPD ihre Ideen zu Direkter Demokratie innerhalb der Partei umsetzen möchte. Sollen die Anregungen dieses Abends ins Wahlprogramm übernommen werden? Der Landtagsabgeordnete erzählte, was ich schon auf der Webseite gelesen hatte, dass da ja diese und jene Forderung sei und dass man bei weiteren Anregungen ja noch nicht wisse, ob sich beim Landesparteitag im kommenden Januar eine Mehrheit fände, die diese ins Wahlprogramm aufnehmen wolle.

Wir Piraten haben auf zwei Landesparteitagen – im April in Tübingen und im Juni in Konstanz – basisdemokratisch mit allen interessierten Mitgliedern unser Wahlprogramm erarbeitet und verabschiedet. Im Vorfeld wurden unzählige Anträge entworfen, von vielen gelesen und während der Parteitage Punkt für Punkt abgestimmt. In Konstanz nutzen wir die Spielstandsanzeige, die am Ende zeigte, dass über 154 Punkte abgestimmt worden war. Manche Diskussion sowohl im Vorfeld, wie auch bei den Parteitagen selbst war anstrengend, weil auch viele Details intensiv erörtert wurden. Unser Ergebnis ist jedoch das, was die Mitglieder sich erarbeitet haben und so mehrheitlich wollten.

Die SPD hat auf ihren Seiten ein Konzept, eine Wahlkampagne und ihre festgelegten Themen. Jetzt werden noch ein paar Termine durchgeführt, doch im Grunde ist schon entschieden, worüber der Parteitag Ende Januar 2011 noch abstimmen wird. Details können da vielleicht noch verhandelt werden, doch im Grunde bleibt rund acht Wochen vor der Wahl nicht mehr viel Spielraum für Änderungen.

Piratenpartei und SPD

Zweifellos können wir Piraten an manchen Stellen von den etablierten Parteien noch lernen, doch ebenso zweifelsfrei haben wir – bezogen auf Themen wie Direkte Demokratie – einen immensen Vorsprung.

Alle Teilnehmer der Veranstaltung hatten die Gelegenheit an einer Umfrage teilzunehmen, die zunächst Fragen zu Volksentscheiden und Stuttgart 21 enthielt.

Wir haben bereits Anfang November eine Umfrage in Konstanz, Stockach und Singen zu diesem Thema mit den Menschen auf der Straße durchgeführt und unsere Ergebnisse anschließend als Pressemitteilung und auf unserer Website veröffentlicht. Unsere Ergebnisse zeigten, einen Volksentscheid vermisst eine große Mehrheit der Bürger, zu S21 und der Auswirkung auf die Bodenseeregion waren die Ergebnisse zwar klar, aber doch nicht so eindeutig.

Glauben Sie, dass die Bodenseeregion vom Projekt Stuttgart 21 profitiert?

Ja: 27,7% Nein: 66% Enthaltung: 6,4%

Soll ein Volksentscheid über Stuttgart 21 durchgeführt werden?

Ja: 78,7% Nein: 18,1% Enthaltung: 3,2%

Wie würden Sie stimmen, wenn es einen Volksentscheid gäbe?

Für S21: 24,5% Gegen S21: 64,9% Enthaltung: 10,6%

Die letzten beiden Fragen der SPD-Umfrage bezogen sich auf kommunales Wahlrecht für Ausländer und das Wahlalter.

Für Piraten wieder sehr leicht zu beantworten, beide Punkte sind bei uns Teil des Wahlprogramms zur kommenden Landtagswahl. Wir setzen uns für ein kommunales Wahlrecht für Ausländer ein und plädieren für ein Senken des Wahlalters, passend zur Strafmündigkeit der Jugendlichen. Kommunales Wahlalter von 14 Jahren und das Wahlrecht auf Landesebene ab 16 Jahren sind aus unserer Sicht sinnvoll.

Diese Fragen waren jedoch nicht Thema des Abends und wurden auch nicht angesprochen.

Die direkten Gespräche mit Zahide Sarikas und weiteren SPD-Mitgliedern verliefen sehr angenehm und auf sachlich, konstruktiver Ebene. Für mich war es unterm Strich, ein Abend der sich gelohnt hat.


3 Antworten zu “Wie geht moderne Demokratie? ::: Unterschiede Piratenpartei und SPD”

  1. Sehr interessanter Artikel, danke dafür.

    Ich bin ebenfalls der Meinung, dass das Establishment noch viel von uns Piraten lernen kann! Schade nur, wenn so etwas „ohne die Angabe von Quellen“ geschieht. Aber was solls.

    Volksentscheide sind meiner Meinung nach längst überfällig! Direkte Demokratie!

  2. Karl: Schade nur, wenn so etwas “ohne die Angabe von Quellen” geschieht.

    In dem Artikel sind einige Quellen verlinkt. Welche Quelle fehlt dir?

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