Im lawblog sind die juristischen Hintergründe erklärt unter dem Titel: Was von Boetticher rettet.
Da er also nicht Arbeitgeber oder Lehrer der 16-Jährigen war und es auch nicht so aussieht, als habe sie finanzielle Vorteile durch ihn gehabt, ist juristisch nichts falsch an der Beziehung des CDU-Politikers zu der 16-Jährigen.
Moralapostel
Einige meinen, wer sich an der Affäre störe sei ein Moralapostel. Jeder solle doch die Liebesbeziehung haben, die er haben möchte.
- eine 40-Jährige hat eine Beziehung zu einem 70-Jährigen ::: hier geht es nur um Moral, es ist eine Privatsache der Beteiligten
- eine 70-Jährige hat eine Beziehung zu einem 20-Jährigen ::: hier geht es nur um Moral, es ist eine Privatsache der Beteiligten
- eine 20-Jährige hat eine Beziehung zu einem 30-Jährigen ::: hier geht es nur um Moral, es ist eine Privatsache der Beteiligten
- … aber:
- eine 16-Jährige hat eine Beziehung zu einem 39-Jährigen ::: geht es da wirklich nur um Moral? Ist das tatsächlich nur eine Privatsache der Beteiligten?
Jugendschutz
Aus Sicht unserer Gesetze lautet die Antwort: Ja, nach allem was bislang bekannt ist, ist die Beziehung / Affäre eine Privatsache der Beteiligten.
- Wäre sie noch 15 gewesen, wäre es anders
- Wäre er ihr Ausbilder oder Lehrer gewesen, wäre es anders
- Wäre er sehr spendabel ihr gegenüber gewesen, wäre es anders
Für mich ist diese Geschichte nicht in Ordnung, auch wenn es juristisch keine Bedenken gibt.
Liebesbeziehung?
Der Herr hatte mal eben für zwei Monate eine tiefe Liebesbeziehung, danach war es vorbei? Aha.
- Irgendwo las ich im Januar 2010 hätten sie sich kennen gelernt. Heute im August 2011 ist sie 17 Jahre alt. Für mich klingt es danach, dass sie wohl so gerade eben 16 war.
- Ein Politiker, also zumindest eine bekannte Persönlichkeit, hat juristisch betrachtet keinerlei Abhängigkeitsverhältnis zu der 16-Jährigen.
- Nach dem, was bekannt wurde gab es auch keine geldwerten Vorteile für die 16-Jährige.
Aus meiner Sicht ist die rein juristische Einschätzung eine Sache.
Von einem erwachsenen Menschen erwarte ich, dass er seine tiefe Liebe unter solchen Umständen für einige Monate zügeln kann, bis es nicht nur am Rande juristischer Regeln so gerade eben mal noch straffrei ist.
5 Antworten zu “Moralapostel oder Jugendschutz ::: eine 16-Jährige und ein Politiker”
Einen Aspekt vermisse ich in deinem Blogpost:
Welche Konsequenzen sollten deiner Meinung nach gezogen werden, wenn eine derartiger Vorfall bei einem Mitglied der Piratenpartei auftaucht?
Für mich ist es, wie ich schon im Artikel schrieb:
Anders ausgedrückt, ich erwarte, dass die jeweilige Person die Konsequenzen selbst zieht.
Aus meiner Sicht ist jemand, der sich so verhält ungeeignet für ein Amt. Ob es sich dabei um ein Mitglied der Piratenpartei handelt oder nicht ist für mich nicht relevant. Ich wäre allerdings dagegen etwaige parteiinterne Maßnahmen für solche Fälle aufzustellen.
Dann können deine Mitpiraten also davon ausgehen, dass du wegen einer solchen Person nicht deinen Vorstandsposten räumst?
Bist du immer noch gegen Ordnungsmaßnahmen, wenn du und andere Parteimitglieder sich auf Infoständen, blöde Bemerkungen wegen dieser Person gefallen lassen müssen?
Mir geht dabei das Bild von Franz-Josef Strauss auf dem Motorrad nicht aus dem Kopf, wie er seine 16-jährige geliebte vom Gymnasium abholt. Mir fällt dazu nur das Wort „Hanswurst“ ein.
Und ich überlege mir, wie sich der Rest der CSU gefühlt haben muss, die dieses Verhalten erklären, verteidigen und vertreten mussten.
Ja.
Nun, ich kenne keinen Piraten, der sich nicht schon vieles zum Thema Kinderpornographie und Internetsperren anhören musste. Die meisten mussten auch zu Hinweisen auf Jörg Tauss und dieses Thema bereits äußern. Auch an den Infoständen vor der Landtagswahl im März gab es immer mal wieder jemand, der genau danach fragte.
So weit ich weiß, mussten sie es damals nicht erklären, weil es nicht wirklich öffentlich bekannt gemacht wurde.
Es macht ganz sicher mehr Spaß, politische Inhalte zu erklären, als auf Fragen zum Verhalten Einzelner zu antworten. Trotzdem halte ich nichts davon, parteiinterne Maßnahmen zu erlassen. Einen parteiinternen freiwilligen Kodex, der das ein oder andere Verhalten verhindert, finde ich jedoch sinnvoll. Der begonnene Kodex im Piraten-Wiki und die deutliche Stellungnahme des Buvo, dass Drohungen von körperlicher oder sexueller Gewalt unter keinen Umständen tolerierbar sind, sind für mich sinnvolle Schritte in die richtige Richtung.
Wo hier die Grenze verläuft, ist nunmal sehr subjektiv. Natürlich kann man sich fragen, welche Gesprächsthemen man bei so einem Altersunterschied überhaupt hat. Aber letztlich ist es Privatsache und kann dem Wähler doch völlig egal sein. Anders sieht es natürlich aus, wenn das private Handeln den politischen Ãœberzeugungen widerspricht.